Der berühmte Modefotograf F.C. Gundlach über die Seele von Fotos und lebenslange Bindungen in Zeiten des Internets.
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hr englischer Kollege, Nick Knight, hat kürzlich in einem Interview mit welt online das Ende der Modefotografie prophezeit – Im Zeitalter des Internet werde sie überflüssig. Sehen Sie das ebenso?
Nein, das sehe ich überhaupt nicht. Das Internet ist einfach ein neuer Datenträger, eine andere Ebene des Gebrauchs. Da geht es nicht um sinnliche Inhalte. Ein Foto? Nach wie vor ist das Blatt Papier das Werk. Ein Foto hat Seele! Im Internet geht doch die Hauptsache, das Haptische verloren. Die Betrachter wollen blättern, vor und zurück, die Zeitschrift auch mal liegen lassen. Das ist eine ganz andere Realität. Und ein Foto ist nichts anderes als ein Abdruck von Realität.
Sie haben mit Ihrer Fotografie seit den 60ern unsere Sichtweise von Mode entscheidend mitgeprägt. Was hat sich seit Ihren Anfängen geändert?
Früher hatte es die Modefotografie schwer. Da hat man noch nicht begriffen, dass Mode gesellschaftliche Veränderungen interpretiert und eine kulturelle Funktion hat. In meiner Ausstellung im Gropius-Bau in Berlin kann man das anhand 40 Jahren Modegeschichte sehr gut nachvollziehen.
Im 20. Jahrhundert hatte Mode einen anderen gesellschaftlichen Stellenwert; sie war eng mit der Emanzipation der Frauen verknüpft. Heute ist Mode vor allem Entertainment. Schmälert das ihre Bedeutung?
Auf keinen Fall, das ist doch das Entscheidende: Wir partizipieren alle an Mode, ob wir wollen oder nicht. Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass man heute keine Krawatten mehr trägt; anscheinend interpretiert man das als ein Zeichen von Jugendlichkeit. Nur: Wenn das mittlerweile schon in den Vorstandsetagen angekommen ist, zeigt das: dieser Trend ist tot.
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mmerhin hat die seriöse Zeit, die über den Verdacht erhaben ist, ein Modetrendblatt zu sein, Ihr Statement aufgegriffen.
Herrlich, die haben gleich eine Doppelseite mit Krawattenfotos gebracht; die sehr hübsche Überschrift lautete: Eine lebenslange Bindung.
Sie scheinen Bindungen nicht abgeneigt. Sie haben auch eine berühmte Fotosammlung...
Das Sammeln von Bildern ist so ähnlich wie ein Hauskauf: Der erste Moment ist der Wichtigste. Ein Bild, das sie emotional berührt hat, mit dem können Sie immer leben!
Vor einigen Jahren noch gab es Modediktate, heute heißt es: anything goes. Bedauern Sie die Entwicklung?
Nein, nein. Nach wie vor gilt mein Credo: Mode ist ein substantieller Bestandteil unseres Lebens. Als Nina Ricci in Paris die erste Prêt-à-Porter-Kollektione zeigte, orkaelte man schon über den Tod der Haute Couture. Drei Jahre später hatten alle Kollektionen von der Stange. Mit Mode senden Sie Signale. Die Gesellschaften verändern sich und damit auch die Codes in der Mode – man muss sie nur verstehen!
Salon privé: Kunsthändlerin
Anke Degenhard (Foto Mitte) kuratierte für Privatsammler in ihren Hamburger Räumen eine exquisite Ausstellung aus dem umfangreichen Werk F.C. Gundlachs. Zu Ehren des großen Fotografen trafen sich internationale Fans zum Dinner. Mit dabei u.a.: die indische Luxushändlerin und socialite Sheetal Mafatlal (links) und Musiker Marius Müller-Westernhagen (rechts neben der Gastgeberin).