Mehr vom Leben!

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04.03.2010
"Unser Ziel ist es, Sie herauszufordern, Sie zu provozieren, zu dazu zu inspirieren, über das Wesentliche nachzudenken und Ihnen Raum dafür zu geben, Ihre Gedanken, Ideen und Erfahrungen mit anderen neugierigen, aufgeschlossenen Individualisten zu teilen". Die großen Fragen des Lebens zu beantworten, Lebenshilfe im besten Sinne zu geben- nichts weniger ist der Anspruch der Londoner "School of life". Die sympathische Einrichtung liegt mitten im Herzen von London, in einem unauffälligen Laden in der Marchmont Street, von außen etwas zu bohemian, um die Seriosität hinter der Fassade zu erblicken; eine Art Buchladen oder Galerie, deren Dimensionen sich erst beim Betreten erschließen. Verkauft werden nicht nur Kunstwerke, Leitfäden in Form von Gedrucktem, sondern workshops, Bildungsferien, therapeutische Angebote. Was sich zuvorderst etwas anfühlt wie Miss-Marple-Strickkurse oder Moorhuhschießen-für-fortgeschrittene-schottische-Landlords ist in Wahrheit das ambitionierteste Projekt Europas. Sophie Howarth, Kuratorin der Tate Modern, gründete 2008 zusammen mit namhaften Autoren, Künstlern und Wissenschaftlern dieses Projekt, das kürzlich von Morgwn Rimel, einer cosmopolitischen Kreativ-Allrounderin übernommen wurde. Für nur 30 Pfund kann man Kurse belegen (inklusive Snack und Drinks) in Sachen Liebe ("Wie notwenig ist eine Beziehung"), Arbeit ("Wie findet man den Job, den man liebt"), Politik ("Wie geht man weise mit Geld um"), Selbst ("Wie wird man cool") und Familie ("Die Kunst, gute Eltern zu sein"). Hinter dem Projekt stecken weitere kluge Köpfe wie die Philosophen Mark Vernon und Nigel Warbuton, die Autoren Tom Hodgkinson, Charles Fernyhough und Rebcca Abrams. Als Botschafter haben sich verdingt: der Philosoph Alain de Botton (unbedingt lesen!!!), Magnum-Fotograf Martin Parr, die Psychoanalytikerin Brett Kahr, Journalistin Rosie Boycott und die Publizisten Patrick Walsh, Toby Mundy und Simon Prosser. Im neuen Programm außer den Tageskursen: 1. Abendschule über die großen Themen des Lebens: Arbeit, Liebe, Politik, Selbst, Familie, Spieltrieb. 2. Ferien Wer etwas abseits von Michelangelos Rom und Yoga-retreats in den Pyrinnäen sucht, kann sich mit Künstlern, Wissenschaftlern und Autoren auf eine innere Reise durch das englische Königreich begeben - die "school of life" garantiert ein Erlebnis jenseits von klimanalagengekühlten Reisebus- Rheumadecken-Erfahrungen. 3.Predigten - Ein absolutes Highlight des Programms, inklusive der hohen Weihen britischen Humors. Beim "Sunday sermon" werden außergewöhnliche, einzelkämpferische Persönlichkeiten der Kulturszene eingeladen, ihre ebenso leidenschaftlichen wie überzeugenden Thesen vorzutragen. Unvergeßlich die Boulletins von Alain de Botton über Pessimismus, von Geof Dyer zum Tema Pünktlichkiet, von Oliver James über Neid und der Amerikanisch-jüdisch-Englischen Komikerin Ruby Wax ex cathedra zum Thema "Liebe Dein Ego!". 4. Bibliotheraphy: Da alle 30 Sekunden ein neues Buch herausgegeben wird, würde man 163 Leben brauchen, um alle Titel auf amazon. de lesen zu können. Deshalb hat die "school of life" einen Service der besonderen Art angeboten: Jene Bücher herauszupicken, die erleuchten und dazu führen können, sein Leben zu verändern. 5. Mahlzeit! Conversation Dinners und Breakfast Club sind zum Austausch inzwischen Kult. 6. Psychotherapy: Immer noch wird Psychotherapie als bizarres Hobby oder Zeitvertreib für Weicheier gesehen. Die "School of life" glaubt jedoch, dass man, jenseits aller klinischen Bedürfnisse, nur profitieren kann, wenn man vertrauensvoll mit außergewöhnlich klugen Profis private Angelegenheit besprechen kann; liebevoll, in einer Athmosphäre der Neugierde und des gegenseitigen Respekts. Bleibt nur noch eine Frage: Warum gibt es kein solches Projekt hierzulande?