Schöner Schrein

06. März 2010
Ein Döttling - das ist so etwas wie ein Rolls Royce in der Welt der Hochsicherheits-Safes; Finest German Handcraft since 1919, wie es im internationalen Firmenlogo heißt. Markus Döttling, Chef in vierter Generation (das Unternehmen wurde vor zehn Jahren in eine GmbH umfirmiert) führt auf Weltklasseniveau fort, was sein Urgroßvater mit Schlosserei, Schmiede und Metallbau begann. Außer Döttling gibt es weltweit mutmaßlich nur zwei weitere Firmen (Deutschland, New York), die kraft meisterlicher Handwerkskunst, elektronischem High-Tech-Raffinement und Wertarbeit derartige Objekte herstellen können. Einen Ritterschlag aus der Welt des Designs erhielt das Sindelfinger Unternehmen jüngst, als Karl Lagerfeld Gefallen daran fand, einen mit technisch hochraffiniertem Innenleben ausgestatteten Panzerschrank zu entwerfen. Sein "Narcissus" mit blankverspiegelter Außenhülle (chromplatiniertes Aluminium, hochglanzpoliert) gefiel ihm so gut, dass er gleich den Prototyp behalten wollte. Markus Döttling über den Lagerfeld-Schrein und die kuriosen Marotten mancher Safe-Käufer: Karl Lagerfeld hat schon vieles entworfen - von der ipod-Hülle bis zu gesamten Häusern. Wie kam er auf den Safe? Das ist eigentlich meinem Geschäftspartner Andreas Schlittenhardt geschuldet, der in Kontakt war mit Herrn Lagerfelds Marketingchefin - wir erhielten gleich am nächsten Tag per e-mail eine positive Antwort. Und nach der nächsten e-mail fanden wir uns bereits bei der Anwältin von Karl in Paris wieder. Klingt nach deutscher effektiver Präzisionsarbeit... Durchaus, obwohl wir etwas eingeschüchtert waren; wir sind ein relativ kleiner Handwerksbetrieb und verfügen nicht über Mittel und Recourcen wie große Imperien. Wir murmelten bescheiden etwas von Umsatzbeteiligung... und es hat geklappt, weil Karl einfach das Projekt spannend fand. Hat Sie die Zusammenarbeit mit Karl beeindruckt? Sehr. Mich hat überrascht, dass er sehr schnell den Kontakt auf Augenhöhe hergestellt hat und keineswegs arrogant war, wie das Vorurteil lautet. Eine äußerst angenehme, sehr konstruktive Kooperation. Allerdings: Er gibt auch nicht nach, wenn er etwas unbedingt möchte. Ein Beispiel? Technische Unmöglichkeiten gibt es bei ihm nicht - die Verspiegelung des Safes, wie er sie sich vorstellte, war äußerst schwierig umzusetzen. Aber er war am Ende so beglückt, dass er seinen Entwurf "Narcissus" nannte. Sie wissen ja, dass die Geschichte mit Narziss traurig endete... Durchaus. Aber Karl bezeichnet sich selbst herrlich selbstironisch als den größten Narzisten der Welt. Wo wird sein Safe stehen? In seinem Privathaus in Paris. Er wollte gleich den Prototyp behalten, was natürlich nicht geht. Von der Idee bis zur Fertigung haben wir 18 Monate daran gearbeitet und uns regelmäßig alle drei Monate getroffen - jetzt muss er noch bis zum Sommer warten, bis er den ersten aus der Edition von 30 bekommt. Ihre Safes sind ja - abgesehen vom Lagerfeld-Schrein- auch per se object d'arts.. Kann man so sagen. Der Lagerfeld-Safe wird in einer Auflage von 30 Stück hergestellt und kostet 250000 Euro. Unter Kennern berühmt sind Sie aber auch für Ihre Safe-Linie "Legends", original antike Safes, die Sie zu modernen Hochsicherheits-Stücken aufrüsten und individualisieren. Unsere Kunden stehen auf sehr abgefahrere Interiors: Humidore, Weinschränke, Waffenschränke- besonders in Amerika-, Cocktailbars... Oh, Sie zerstören gerade eine Illusion. Wir dachten, Ihre Kunden ordern nun mehr Safes, weil sie vielleicht das Vertrauen in die Banken verloren haben. Das kann ich nicht feststellen. Es ist eher so, dass unsere Kunden ihre Safes nicht als klassische Safes benutzen. Wie bitte? Natürlich dienen die Panzerschränke auch dazu, ihre Sammlungen zu schützen. Aber zugleich auch dazu, diese - seien es Uhren, Juwelen oder Kunst - bestmöglich zu präsentieren. Wenn Gäste kommen, wird der Safe demonstrativ offen gelassen. Klingt gefährlich. Keineswegs. Die Estates der Kunden sind wie Hochsicherheitstrakte gesichert, Häuser wie Festungen. Für sie ist so ein handgeschmiedeter Safe ein geiles Ding, ein Hingucker, ein Schmuckstück. Wir haben einen Kunden in Mexiko, der nimmt das ganz lässig. Falls es einer jemals unversehrt bis zum Safe schafft, so meint er, hätte er es auch verdient, den Inhalt zu bekommen. Woher kommen ihre Kunden? Die meisten sind aus Nordamerika, Kanada und Asien. Im Mittleren Osten gibt es Interessenten, aber dort suchen wir noch die richtigen Partner. Besonders in Amerika spielen Innenarchitekten eine große Rolle, hundertprozentige Gurus für eine wohlhabende Klientel; sie bestimmen auch oft, welcher Safe zum Interior paßt. Und wenn ihnen der style nicht gefällt, gibt es auch keinen Auftrag. Darf man fragen, was so ein nicht knackbarer Safe kostet? Die neuen aus der Serie "Bel-Air" beginnen bei 80 000 Euro; ein "Legend" bei ca. 150 000 Euro. Gerade hat der reichste Mann Kanadas ein wunderschönes Exemplar im Wert von einer knappen halben Million Euro gekauft. Wissen Sie, was der Kunde in seinen Safe legen möchte? Nein. Aber manchmal werden Spezialarbeiten in Auftrag gegeben. Eine Amerikanerin wollte zum Beispiel einen pinkfarbenen Panzerschrank in Krokodilleder für ihre Schuhsammlung (siehe Foto). Gibt es diese Exzentrität nur bei Frauen? Männer bestellen die Safes oft für ihre Uhrensammlungen. Im Interior sind dann auch spezielle Uhrenbeweger eingebaut. Wir konstruieren gerade einen Safe für Jaeger LeCoultre. Die zum Richemont-Konzern gehörende Marke stellt die zugleicht teuerste und komplizierteste Uhr her - 26 Komplikationen. Das Projekt Hybris Mechanica beinhaltet drei Uhren mit insgesamt 55 Komplikationen, die Trilogie wird zusammen mit dem maßgeschneiderten Safe für 2,5 Millionen Euro veräußert. Eine Frage an den Markus Döttling, den Vielreisenden: Wie sicher sind die safes in Hotelzimmern? Vergessen Sie's! Das sind bessere Konservenbüchsen! Dort würde ich nichts deponieren Fotos ( credit: Karl Lagerfeld, Döttling): Markus Döttling, Karl Lagerfeld vor "narcissus".